Oliver Wilkening: Welpenschutz ist nicht mehr angebracht. Die AfD hat sich entschieden, welche Kräfte ihre Politik maßgeblich mitbestimmenWenn man Mitglied einer Partei ist, wird man am Programm, der Philosophie dieser Partei gemessen und eben auch in nicht unwesentlichen Teilen, an den Haupt­protagonisten. Das gilt für mich als Mitglied der FDP ebenso wie für Mitglieder der AfD. Natürlich werde ich damit konfrontiert, was Christian Lindner, Nicola Beer oder Wolfgang Kubicki von sich geben, natürlich ist das Label hierbei „FDP“ und selbstverständlich werde ich auch damit assoziiert.
So auch bei der AfD. Wenn ein Björn Höcke am 17. Januar in Dresden „eine erinnerungs­politische Wende um 180 Grad“ fordert, weiß ich das zu interpretieren. All die tapferen „Volksgenossen“ von 1933 – 1945, die die massenhafte Vernichtung von Juden, Homosexuellen, Andersdenkenden, Künstlern zu ver­ant­worten haben, sind laut Höcke dann Helden und keine Täter? Das Holocaust-Denkmal in Berlin ist ein „Denkmal der Schande“? Das waren gezielte Provakationen, noch mehr, das war eine innere Einstellung und die gilt es nicht totzuschweigen! Höcke ist kein Wolf im Schafspelz, er ist der Wolf! Wenn die AfD meint, ihn ob dieser Widerlichkeiten nicht aus der Partei ausschließen zu müssen, ist es das gute Recht der AfD – sie hat sich damit aber endgültig als das identifiziert, was sie ist: eine völkisch nationale Partei mit einem faschistoiden Bodensatz. Nebenbei, Gauland, Poggenburg und Meuthen haben für den Verbleib in der AfD votiert, Petry dagegen. Es würde mich nicht wundern, wenn nach der Entmachtung Luckes, die nächste „Erneuerung“ in der AfD ansteht, die „Erneuerung“ nach ganz Rechtsaußen.
Wie eingangs erwähnt, man wird zu großen Teilen an den Hauptprotagonisten seiner Partei gemessen. Da ein Höcke offensichtlich tragbar für die AfD ist, weiß ich dieses einzuschätzen. Wenn tatsächlich das massive Werben der AfD Bergstraße um einen Ortsverband in Heppenheim erfolgreich sein sollte, weiß ich auch dieses, respektive diesen Ortsverband, einzuschätzen. Als Liberaler habe ich von Menschen mit einer solchen Einstellung nichts Gutes zu erwarten, dass zeigt die Geschichte. Liberale wurden von völkisch, kollektivistisch und faschistisch orientierten Parteien als eine der größten politisch Gefahren gebrandmarkt. Unter der Prämisse sehe ich auch die politische Einordnung der AfD: eine Gefahr für unser freies, selbstbestimmtes Leben. Auch jegliches Beteuern von Seiten der AfD, man sei doch konservativ / nationalkonservativ / nationalliberal hängt mir zu den Ohren raus. Wer einen Höcke, Poggenburg etc. mit Zitaten in bester Stürmer Manier nicht nur duldet, sondern auch schützt, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, als Faschist bezeichnet zu werden. Solches Gedankengut möchte ich nicht in der Heppenheimer Stadtverordnetenversammlung repräsentiert sehen, möchte ich nirgendwo repräsentiert sehen! Welpenschutz ist auf jeden Fall nicht mehr angebracht. Die AfD hat sich entschieden, welche Kräfte ihre Politik maßgeblich mitbestimmen dürfen.
Gleichwohl sehe ich viele Kritikpunkte der AfD-Wähler an momentanen politischen Geschehnissen als absolut gerechtfertigt an, vorderst die Flüchtlingspolitik. Darüber muss geredet werden und das Thema muss auf der Agenda aller demokratischen Parteien stehen. Der „merkelsche Alleingang“ war schlichtweg naiv und in keinster Weise mittel- und langfristig durchdacht. Hier hilft es auch nicht, Tatsachen zu vertuschen oder zu ignorieren, die europäischen Partner außen vorzulassen. Das Thema muss sachlich, vernünftig und unter der Prämisse diskutiert werden, dass man über Menschen redet.
Auch den Vorwurf der Entfremdung einer politischen Kaste vom Rest der Bevölkerung muss man sich gefallen lassen. Politiker haben sich nicht als Prominente zu sehen, sie haben einen wichtigen Auftrag als Bürger in Stadt, Land und Bund. Vermehrte Plebiszite sehe ich hier nicht unbedingt als das Allheilmittel. Volksabstimmungen führen oft dazu, dass äußerst engagierte Minderheiten das Geschehen bestimmen. Ich denke, mit der repräsentativen Demokratie fahren wir recht gut, befürworten würde ich jedoch eine Amtszeitbegrenzung. Damit würde einhergehen, dass Politiker das „normale Leben“ wieder kennenlernen müssen.

Letztlich kann ich sie nur ermuntern, treten sie ihren Abgeordneten, Beigeordneten, Ministern, Stadtverordneten, Stadträten auf die Füße! Treten sie mit ihren Anliegen an diese Personen heran. Dafür wurden sie gewählt oder ernannt und gerade in der Heppenheimer Kommunalpolitik bin ich mir sicher, dass sich jede Fraktion und jeder Stadtrat / Stadträtin mit ihrem Anliegen beschäftigt. Eines kann man jedoch nicht erwarten, dass man immer einer Meinung ist – das ist das Wesen der Demokratie, macht sie spannend und ist Grundlage einer freien Streitkultur.


Unter „Meine Meinung“ veröffentlichen Mitglieder der FDP Heppenheim und der Fraktion der FDP Heppenheim eigene Meinungen. Diese müssen nicht dem Standpunkt der FDP Heppenheim entsprechen.